Vorfreude auf meine erste Saison
oder warum ich gerne „unter dem Radar“ gearbeitet habe
Es kribbelte, denn Mitte August 2019 waren es nur noch wenige Tage bis zum Saisonstart. Meine erste Bewährungsprobe in der Presseabteilung hatte ich mit dem Schreiben eines Berichtes für den Eulenspiegel erfolgreich bewältigt und auch meine zukünftigen Aufgaben waren klar umrissen. Die Betreuung der Medienvertreter bei Heimspielen, verantwortlich für einen neu eingeführten Live-Ticker auf Facebook und das Schreiben der Vor- und Spielberichte für die Homepage, inkl. Interviews und dem Einholen von Stimmen nach dem Spiel. Die Namen und Rückennummern der Spieler hatte ich mittlerweile drauf und kannte auch ihre Positionen. Hört sich doch gut an, oder…? Bringt nur nicht viel, wenn die Jungs und das Trainerteam mich nicht kennen. Also wurde ich wenige Tage vor Saisonstart der Mannschaft vorgestellt. Ich war viel zu früh in der Trainingshalle, aber einige Spieler waren schon da. Vor vier Jahren ging so langsam der Hype um Podcasts los und was hörte Max Haider vor dem Training…? „Gemischtes Hack“, einen der beliebtesten und erfolgreichsten Podcasts. Da war er mir doch gleich sympathisch, denn ich war auch ein großer Fan.
So langsam wurde ich dann aber doch nervös, denn ich befürchtete, von mir würden wohl ein paar Worte erwartet. Und so war es dann auch. Vor Trainingsbeginn wurden die Jungs über den „Neuen“ im Eulen-Team informiert. Wirklich vorbereitet hatte ich mich darauf nicht, dachte ich doch, ein einfaches „Moin“ würde genügen. Aber plötzlich stand ich mitten im Kreis. Meine kurzfristige Hoffnung, es könnte sich um eine Auszeit vor dem Training handeln, wurde direkt zerstört, denn ca. 20 Augenpaare schauten mich an. Mich, den zurückhaltenden Norddeutschen. Was jetzt? Einen Spielzug ansagen? Ich kannte nur „Berlin rechts“. Aber hey, wie war ich schon oft genug in meiner Schulzeit durchgekommen…? Improvisation war das Zauberwort. Bevor ich mich als kompletter Handball-Laie outete, versuchte ich einen eleganten Schritt auf das Parkett, auf dem ich mich auskannte. „Ich freue mich, dass ich ab sofort eine Eule sein und mit euch zusammenarbeiten darf. Ich kenne euch vom Benefizspiel gegen die Arminia und gehe davon aus, ihr spielt besser Handball als Fußball“. War das jetzt zu krass…? Nein, die Lacher hatte ich auf meiner Seite und das Eis war gebrochen. Hat mir die Mannschaft aber auch nicht schwer gemacht.
25. August 2019. Erster Spieltag der Saison 2019/2020 gegen die Rhein-Neckar Löwen und für mich direkt ein Heimspiel mit den Eulen. Bestes Wetter, eine ausverkaufte Eberthölle, und ich war Teil der 1. Handball-Bundesliga. Fühlte sich schon gut an. Fühlte sich sehr gut an. Ich hatte von Lisa diese einmalige Chance bekommen, jetzt wollte ich natürlich direkt von Anfang an auch liefern.
Dafür musste ich aber erst Mal in der Eberthalle ankommen. Ich war zwar schon bei Eulen- Spielen oder auch der Fußball-Stadtmeisterschaft dort, aber der Weg war mir noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen. So machte ich mich also viel zu früh von Bad Dürkheim auf den Weg und Achtung, es wird peinlich, musste mein Navi bemühen…
Natürlich war der Parkplatz bei meiner Ankunft noch leer, aber ja nicht auffallen und nicht direkt in erster Reihe stehen. Schön in Deckung bleiben und unauffällig parken. War jetzt nicht wirklich unauffällig, wenn auf einem großen Parkplatz ein Auto alleine in der Mitte steht…
Meine ersten Auswärtsspiele
oder was diese mit Biene Maja und einem Kreisverkehr zu tun haben
............. Ebenfalls ein großer Unterschied, im Gepäckraum wurden Trommeln verstaut – auf Fußballfahrten ist dieser Stauraum eigentlich immer schon zu klein nur für das mitgeführte Bier, bzw. eigentlich dem Lagerbestand einer mittelständischen Brauerei.
Kaaaaarsten… Denk‘ doch mal nach. Pfälzer. Dubbegläser, Schorle und so. Aber müssten dann nicht kistenweise Wein und Wasser eingeladen werden? Also, damit wir uns richtig verstehen. Natürlich war das weder eine Kaffeefahrt oder ein Ausflug von Nonnen und Mönchen (ginge das überhaupt zusammen in einem Bus…?). Und es waren auch ausreichend Getränke an Bord, die nicht alle antialkoholisch waren. Aber Stimmung und Mitfahrer waren mehr als angenehm.
Um nicht aufzufallen und schön unauffällig mitzufahren, hatte ich mir eine Sport Bild besorgt. So konnte ich mich direkt nach Abfahrt, wie Detektive in schlechten Filmen, hinter der Zeitschrift verstecken. Bevor ihr fragt, nein, ich habe kein Loch reingeschnitten, um jemanden heimlich zu observieren. Sollten Claudia und Peter dieses Buch jetzt lesen, kann ich ihre Aufschreie förmlich hören, denn beide hatten durch das Mikro ein paar Begrüßungsworte gesprochen, Peter fast sogar schon eine Rede gehalten, die mit der „Drohung“ endete, dass er sich nicht zum letzten Mal gemeldet hat. Aber daran, dass ich das nach fast vier Jahren hier noch so genau schreiben kann, sehen die beiden, dass auch ich aufmerksam zugehört habe.
Trotzdem widmete ich mich vorerst wieder meiner Lektüre, schaute aber zwischendurch auch aus dem Fenster und sah einen Tower und ein Flughafenterminal. Hmm… Der einzig mir bekannte Flughafen auf dieser Strecke war der in Frankfurt. Hieße aber, wir wären schon fast 100 Kilometer gefahren. Erneut eine neue Erfahrung für mich. Ihr wisst ja, Fußballfans. Auf dieser Strecke hätte schon jeder Bus mindestens, ich betone mindestens, einmal für eine Toilettenpause halten müssen. Es nützt jetzt wohl nicht viel, wenn ich versuche, das an einem Beispiel aus Osnabrück zu erklären. Aber um es für euch in Relation zu setzen, das Normalste der Welt wäre für mich eine erste Pause am Rasthof Lorsch auf der A67 gewesen…
........Die restlichen Kilometer sind nicht erwähnenswert. Doch. Eigentlich nur die letzten Meter. Denn schon in Hamm angekommen, kurz vor der Halle, wurde ich Zeuge eines Rituals, das, wenn möglich, bei jedem Auswärtsspiel im Fanbus abgefeiert wird. In den Hauptrollen ein Kreisverkehr, das Biene Maja-Lied, Karel Gott und Claudia. Was zur Hölle…?
Wir fuhren in den Kreisverkehr ein, die Biene Maja lief über die Lautsprecher und der ganze Bus sang mit. Mit Ausnahme einer Person. Ich muss nicht an eure Intelligenz appellieren, um herauszubekommen, wer staunend dieses Schauspiel verfolgte. Fehlte nur noch Gotthilf Fischer. Dessen Part übernahm wer…? Peter.
Ich war davon ausgegangen, dass Claudia ihre Führerscheinprüfung bestanden hatte und auch im Besitz eines Personenbeförderungsscheines war. Musste sie in der Fahrschule nie durch einen Kreisverkehr fahren? War das Navi ausgefallen? Oder beides?
Hallo? Selbst ich in Reihe 8 konnte das Schild zur Arena sehen. Wir aber fuhren gefühlt 38-mal durch den Kreisverkehr, immer noch untermalt von Karel Gott. Irgendwann wusste auch der Letzte wie diese Biene heißt und Claudia fand „den Ausgang“. Und ich musste eingestehen, kreativ waren die Fans und Busfahrerin.
Positiver Rückrundenstart
oder warum ab März alle negativ sein wollten
...........Das Spiel fand am 01. Februar abends um 20.30 Uhr statt. Bei allen anderen Spielen, die ich bisher erwähnt habe, musste ich das genaue Datum nachschauen. Bei diesem nicht. Ihr fragt euch, warum?
An diesem Tag ist das erste Flugzeug mit deutschen Rückkehrern aus Wuhan in Frankfurt gelandet. In der zentralchinesischen Metropole waren einige Wochen zuvor, im Dezember 2019, die ersten Corona-Fälle registriert worden. Nach der Ankunft am Frankfurter Flughafen sollten die Menschen von Medizinern begutachtet und befragt werden. Passagiere ohne Symptome wurden zu einem Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Germersheim gebracht, wo sie für zwei Wochen in Quarantäne bleiben mussten.
Sorry, aber ich kann nicht anders. Ich muss an dieser Stelle den damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn zitieren.
"An einer Grippe, wenn sie schwer verläuft, sterben in Deutschland bis zu 20.000 Menschen im Jahr." Auf die Frage, ob in Deutschland wie in China auch die Abschottung ganzer Städte möglich sei, führte Spahn das Beispiel von Masern an, die deutlich ansteckender seien als das Coronavirus. "Und wir bekommen auch einen Masern-Ausbruch in Deutschland mit deutlich milderen Maßnahmen in den Griff, als wir sie derzeit in China sehen."
Masern hatte ich schon als Kind…
Schon morgens machten wir uns auf den Weg und ihr seid noch nicht aus dem Geografie-Unterricht entlassen. Nordhon liegt ca. 85 Kilometer westlich von Osnabrück, damit auch die niederländische Grenze und das kleine Örtchen Denekamp. Wie ihr euch denken könnt, war ich schon oft dort, um diverse Sachen einzukaufen und kannte die wichtigen Geschäfte und kleinen Läden. Wo wir sehr gut essen konnten, wusste ich natürlich auch - PANNENKOEKENHUIS BOLLE JAN. Muss ich nicht übersetzen, oder?
Da ich damals schon häufig mit den Eulen unterwegs war, musste meine Freundin an vielen Wochenenden auf mich verzichten. Mittlerweile eigentlich an fast allen. Höre ich da jemanden sagen, nicht das Schlechteste für deine Freundin…?
Wir machten uns also einen schönen Tag und Kofferraum und Rückbank waren gut gefüllt.
Da es nur gut 10 Minuten zum Euregium in Nordhorn sind, war 18.45 Uhr die optimale Zeit für die wenigen Kilometer. Jedenfalls wenn, wie fast überall üblich, Hallenöffnung 90 Minuten vor Spielbeginn wäre. Wir machen aus den 90 Minuten 60. Oder anders, 35 Minuten vor der Halle warten, bei gefühlten -2 Grad, nicht sonderlich warm bekleidet. Ja, eine Runde Mitleid. Wenn nicht für mich, dann wenigstens für meine Freundin, war doch ihr erstes Auswärtsspiel. Leider war auch der Getränkestand vor der Halle noch geschlossen. Das Glühweinschild aber gut lesbar…
Was konnte dann noch aufwärmen? Vertraute Klänge aus der Heimat. Trommeln und Tröten. Der vom Fanclub Rheintal-Eulen#17 an den Start gebrachte Bus fuhr unüberhörbar vor. 430 Kilometer von LU hierher. Mit dem Wissen, die Strecke spät abends (nachts) auch wieder zurückzufahren. Stark.
Warum war ich „Obertrommler“ Peter und allen anderen sehr, sehr dankbar?
Die Verantwortlichen der HSG rechneten wohl mit einem Hagel von Anzeigen von Anwohnern wegen Ruhestörung und öffneten die Halle immerhin fünf Minuten früher. Auch heute noch fühle ich tiefe und aufrichtige Dankbarkeit.
Das Euregium in Nordhorn. Eine moderne Halle. Aber irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, bei der Planung, beim Bau, hat man die Pressetribüne schlichtweg vergessen. Warum? Der einzige Weg auf die Pressetribüne führt über eine schmale, steile Leiter.
Kennt ihr diese Feuerleitern aus amerikanischen Actionthrillern, die oft die letzte Fluchtmöglichkeit sind, wenn Bruce Willis zum vierten Mal nicht langsam stirbt oder Dwayne, „The Rock“, Johnson in letzter Sekunde mit seinem Geländewagen vorfährt und Vin Diesel im Kugelhagel, von eben so einer Feuerleiter auf die Ladefläche springt? Dann wisst ihr, wovon ich spreche.
Hat man diese Leiter erfolgreich erklommen, sitzt man direkt unter dem Dach. Und ich meine direkt darunter. Um die Anzeigetafel zu sehen, muss man seinen Kopf so verrenken, wie beim Happy Baby, bekannt als Yoga-Übung.
Und wer von euch wohnt in einer Dachwohnung und weiß, wie warm es dort werden kann? Ich habe auch Mal in einer gewohnt. Ok, es war Winter, aber unter dem Dach kann es schon sehr warm werden. Und ich habe nie 2325 Menschen zu Besuch gehabt.